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St. Gallen
01.09.2025

Besuch – «Herz» der Digitalisierung im Stiftsbezirk

Seite für Seite muss richtig platziert und dann abgelichtet werden.
Seite für Seite muss richtig platziert und dann abgelichtet werden. Bild: Roger Fuchs
Jährlich nimmt sich die Geschäftsprüfungskommission des Katholischen Konfessionsteils St.Gallen Zeit, um sich von laufenden und abgeschlossenen Bauprojekten in den Kirchgemeinden zu überzeugen.

Der Start zum diesjährigen Exkursionstag erfolgte jedoch im Stiftsbezirk St.Gallen. Nebst einem Augenschein von der Baustelle in der Bischofswohnung gab es einen Abstecher ins Digitalisierungsatelier der Stiftsbibliothek St.Gallen – auch für die GPK ein bislang wenig bekannter Ort.

Schon 923 Handschriften digitalisiert 

Eine unscheinbare Türe mitten im Stiftsbezirk: Beim Betreten öffnet sich den amtieren Mitgliedern der Geschäftsprüfungskommission eine neue Welt. Mitten im Raum steht ein Grazer Buchtisch. Er ist das Herzstück im Digitalisierungsprozess von alten Büchern, wie Christa Schaffert sagt. Die Fotografin arbeitet in einem Teilpensum und ist dafür zuständig, Handschriften der Stiftsbibliothek zu digitalisieren. 923 Handschriften – von wenigen Blättern bis hin zu ganzen Büchern – finden sich mittlerweile in der virtuellen Handschriftenbibliothek namens E-Codices. «Das sind etwa zwei Fünftel der 2200 Handschriften, die irgendwann einmal alle digitalisiert sein sollten», hält der stellvertretende Stiftsbibliothekar Philipp Lenz fest.

  • Christa Schaffert digitalisiert für die Handschriften der Stiftsbibliothek. Bild: Roger Fuchs
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  • Mitglieder der GPK hören sich die Ausführungen der Digitalisierung an. Bild: Roger Fuchs
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  • Philipp Lenz, stv. Stiftsbibliothekar, hält Hintergrundinfos zum Digitalisierungsprozess bereit. Bild: Roger Fuchs
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  • Der Digitalisierungsprozess stösst bei Mitgliedern der GPK auf grosses Interesse. Bild: Roger Fuchs
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Seite für Seite zum Ziel

Der Grazer Buchtisch wurde extra dafür entwickelt, um Handschriften zu digitalisieren. Über der Tischkonstruktion ist eine Buchwiege montiert. Christa Schaffert zeigt, wie zur Digitalisierung jede einzelne Buchseite manuell auf einen sogenannten Unterdruckarm gelegt wird. Durch Ansaugen wird die Buchseite festgehalten und geringfügig gespannt. Die spezielle Konstruktion des Buchtisches sorgt dafür, dass die über dem Buch angeordnete Kamera immer rechtwinklig zur Buchseite ausgerichtet ist. Via Computer löst Christa Schaffert die Kamera aus. 

Die Arbeitsutensilien funktionieren, auch wenn der Tisch zwanzig Jahre und die Kamera zwölf Jahre auf dem Buckel haben, immer noch einwandfrei. Nebst eigenen Handschriften werden hier im Auftragsverhältnis auch solche von externen Bibliotheken digitalisiert.

Beim Besuch der GPK liegt ein 300 Seiten dickes handgeschriebenes Buch aus dem 13. Jahrhundert von der Aargauer Kantonsbibliothek bereit. «Circa drei bis vier Tage benötige ich zur Digitalisierung dieser Handschrift», sagt Christa Schaffert. Nochmals so viel Zeit beanspruchen auch die nachgelagerten Arbeiten, beispielsweise das Bereitstellen der Metadaten für die Dateien, sodass die Nutzerinnen und Nutzer von E-Codices das Werk auch finden und entsprechende Informationen dazu erhalten.

Hände waschen statt Handschuhe

Einem der GPK-Mitglieder ist bei der Demonstration aufgefallen, dass Christa Schaffert ohne Handschuhe ihrer Arbeit nachgeht. Aus gutem Grund, wie sie die Anwesenden wissen lässt. Handschuhe würden das Feingefühl in den Fingern verringern und der Zustand des Werks wäre deutlich schwerer abzuschätzen. Mit Handschuhen könnte man auch eher am Dokument hängen bleiben und dieses beschädigen. Philipp Lenz ergänzt, dass beim Anfassen mit blossen Händen immer darauf geachtet werde, diese vorher zu waschen, sodass auch keine Fett- oder Schweissabdrücke entstehen.

Die virtuelle Handschriftenbibliothek E-Codices besteht gemäss Lenz exakt seit zwanzig Jahren. Erst kürzlich habe er an einem Treffen an der Universität in Fribourg teilgenommen, bei dem die Aufschaltung des 3000. Buchs gefeiert wurde. Die Digitalisierung bezeichnet er selbst auch als Demokratisierung des Wissens. Alle bekämen dadurch Zugang dazu.

Bauprojekte im Fokus

Mit diesen Eindrücken ging es für die GPK schliesslich weiter in Richtung Bischofswohnung, die derzeit saniert wird. Die Kommunikationsstelle des Konfessionsteils hat darüber berichtet. Im weiteren Verlauf des Tages standen Sanierungs- und Umbauprojekte in den Kirchgemeinden Marbach, Lüchingen, Vilters, Weisstannen und Flums im Fokus, über deren Fortschritt sich die GPK-Mitglieder vor Ort informieren liessen.

Roger Fuchs, sg.kath.ch / toggenburg24