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Kultur
31.07.2021

Dieses Buch gibt es nur in Rapperswil-Jona

Das Buch von Stefan Vollenweider gibt es nur in Rapperswil-Jona anzuschauen.
Das Buch von Stefan Vollenweider gibt es nur in Rapperswil-Jona anzuschauen. Bild: Linth24
Der Künstler Stefan Vollenweider gestaltete die Fussgänger-Unterführung beim Bahnhof Rapperswil. Nun hat er die Arbeit nach 20 Jahren mit einem speziellen Buch abgeschlossen.

Die Fussgänger-Unterführung beim Bahnhof Rapperswil: Tausende hasten hier täglich hindurch. Doch kaum jemand hat Zeit und Muse, hier ein Kunstwerk zu beachten, obwohl es praktisch nicht zu übersehen ist. Tatsächlich hat der Rapperswiler Künstler Stefan Vollenweider vor 20 Jahren hier ein Werk geschaffen, das mit weissen und blauen Keramik-Kacheln den Wasserspiegel des Zürichsees anzeigt – und zwar genau 406 Meter ü.M. 

Buch zum Hintergrund

Nun hat Vollenweider sein Werk quasi vollendet. Konkret: Er hat ein Buch zum Hintergrund seiner damaligen Idee publiziert. Wobei Kunstsammler an dieser Stelle wohl enttäuscht werden müssen, denn dieses Buch gibt es lediglich in einer Auflage von fünf Exemplaren. Zwei Stück verbleiben im Besitz des Künstlers, je eines gehört dem beteiligten Architekturbüro asa sowie dem Verein Kultur Zürichsee Linth. Doch das fünfte Exemplar ist für alle Interessierte einsehbar – und zwar in der Stadtbibliothek Rapperswil-Jona. Ausgeliehen wird es allerdings nicht. 

Der Name einer Stadt, die wie Rapperswil-Jona auf 406 Meter ü. M. liegt. Bild: Jérôme Stern/LInth24

Der damalige Auslöser für Vollenweiders Werk war die Renovation der Unterführung, welche im Jahr 2000 unternommen wurde. Der Clou der Kunstinstallation ist, dass der Künstler in langwieriger Arbeit nach Städten suchte, die auf gleicher Höhe wie Rapperswil-Jona liegen. So kamen 28 Städtenamen zusammen, die er auf den Kacheln verewigte. 

Weltweite Orte gedanklich vernetzt

«Da die Unterführung und der Bahnhof ja Orte zum Reisen sind, fand ich, es wäre passend, wenn man Orte, die auf gleicher Höhe liegen gedanklich vernetzt», sagt Vollenweider. Wie fand er diese Ortschaften? Nach einem ersten vergeblichen Versuch, diese selber zu recherchieren, machte er die Bekanntschaft eines ETH-Bibliothekars. «Er konnte mir Adressen von Orten geben, bei denen ich aber selber nachforschen musste, auf welcher Höhe sie tatsächlich liegen.» Er habe sicher ein halbes Jahr mit dieser Arbeit verbracht. 

Für sein Buch hat Stefan Vollenweider viel Bildmaterial von fernen Städten zusammengetragen. Bild: zVg

Gemäss Vollenweider kam noch ein zweites Kriterium bei der Stadtwahl hinzu: Und zwar sollten die Namen der Orte möglichst nach dem entsprechenden Land klingen. «Slatinka klingt für mich beispielsweise nach Slowakei.» Der phonetische Klang sei bei der Auswahl letztlich entscheidend bei der Wahl gewesen. 

Es sei eine spannende Arbeit gewesen, erinnert er sich. Wobei er sich im Internet von allen ausgewählten Ortschaften Bilder besorgte. Er räumt ein, dass die damaligen Höhenangaben nicht allzu genau waren. Heute gebe es andere Messsysteme, die möglicherweise präziser seien. 

Die Höhe von Rapperswil-Jona war für den Künstler ein Auswahlkriterium. Bild: Jérôme Stern/LInth24

Klar ist, dass sein Buch ohne Google Earth nicht möglich gewesen wäre. Damit liessen sich Bilder aller ausgewählten Ortschaften auftreiben. Erstaunlich ist, dass er ausgerechnet bei Rapperswil-Jona Mühe hatte, ein besonderes Bild zu finden. «Im Internet gibt es bloss immer die gleichen Aufnahmen vom Schloss und von der Seeseite.» 

Neue Aspekte bei alten Arbeiten

Dass er seine Arbeit nach 20 Jahren beenden konnte, freut Vollenweider – zumal er es spannend findet, neue Aspekte bei älteren Arbeiten zu entdecken. Einen solchen gab es im Fall der im Buch erwähnten Stadt Slatinka in der Slowakei: Durch seine neuerlichen Nachforschungen ergab sich ein Briefwechsel mit Menschen in dieser Ortschaft. 

Finanzierung des aufwändigen Projekts

Wie finanzierte er das aufwändige Projekt? Erst nachdem der Grossteil der Arbeit schon erledigt war, habe er beim Architekturbüro asa, der SBB, der Stadt Rapperswil-Jona, dem Verkehrsverein und der Hochschule Ost nach Unterstützung angefragt. «Nur die Stadt und das Architekturbüro sicherten mir einen Beitrag zu.» Die anderen Stellen hätten aus verschiedenen Gründen abgesagt. In dieser Situation beschloss Vollenweider zunächst, lediglich ein einziges Exemplar für sich selbst zu produzieren. Doch schliesslich sprang Kultur Zürichsee Linth mit einem Werkbeitrag ein und ermöglichte letztlich den Druck von fünf Exemplaren. Ist das Unterführungs-Werk für den Künstler mit dem Buch nun beendet? «Ich denke schon, ausser ich reise mal nach Slatinka – aber das wird dann eine andere Geschichte.»

Jérôme Stern, Linth24/Toggenburg24