Wie unzählige andere Betriebe auch, musste die Stiftsbibliothek St. Gallen im Coronajahr 2020 Umsatzverluste verkraften. Die Forderung nach finanzieller Unterstützung sei nachvollziehbar. Die St. Galler Kantonsregierung habe für die Ausfallentschädigung eine Sonderlösung erarbeitet: Gemäss diesem Plan sollen CHF 508'000.- an Entschädigung fliessen, wovon der Kanton 50 Prozent übernehme und der Katholische Konfessionsteil sowie die Stadt St. Gallen je 25 Prozent beitragen sollen.
Bei einer Entschädigung über das Härtefallgesetz würden allfällige Ansprüche von Kanton und Bund ausgerichtet. Weshalb der Kanton in diesem Fall von der bisherigen Praxis abkehre und sich, mit Verweis auf den Standort, die Stadt St. Gallen an der Entschädigung beteiligen solle, erschliesse sich der städtischen GLP und JGLP nicht.
Vorwurf vom Tagblatt sei nicht haltbar
«Der Vorwurf, wie er unter anderem im Tagblatt erhoben wurde, die Stadt St. Gallen würde ihre Verantwortung als Standort- und Zentrumsgemeinde nicht wahrnehmen, ist nicht haltbar», wie es in einer Mitteilung der Grünliberalen heisst. Als einzige politische Gemeinde im Kanton unterstütze die Stadt St. Gallen die Stiftbibliothek mit einem jährlichen Beitrag von CHF 90'000.–, obwohl die ganze Region von der Wertschöpfung profitiere.
Zusammenhang mit dem St. Gallen–Bodensee Tourismus
Weiter würden die Steuerzahler der Stadt St. Gallen mit CHF 880'000.- pro Jahr auch fast 50 Prozent an die Finanzierung von St. Gallen-Bodensee Tourismus bei tragen. Zusammen mit der Stadt Rorschach sei es etwas mehr als 1 Million, während der Kanton gerade mal CHF 725'000.- beisteuere, die übrigen Gemeinden, inklusive Verein SG Rheintal, CHF 90'000.-.
Die Tätigkeiten von St. Gallen-Bodensee Tourismus würden sich auf die ganze Region positiv auswirken, sowohl in Bezug auf die Wertschöpfung als auch auf die Steuereinnahmen.
Stadt St. Gallen habe stärker als andere Gemeinden gelitten
Die Stadt St. Gallen sei als Zentrumsgemeinde durch die Coronakrise bereits deutlich stärker belastet worden, als andere Gemeinden im Kanton. Sie habe über CHF 10 Millionen für den Erhalt der Olma-Messen aufgewendet, Gewerbetreibenden Gebühren und Mietzinse erlassen und so dazu beigetragen, auch Arbeitsplätze zu erhalten, deren Steuereinnahmen nicht in die Stadtkasse fliessen.
Weiter würde die Stadt St. Gallen auch den grössten Ausfall an Steuereinnahmen und den stärksten Zuwachs von Sozialhilfekosten verkraften müssen. Zusätzlich würden Einnahmeausfälle, verursacht durch die Unternehmenssteuerreform STAF, die Stadt als bedeutendster Arbeitsort der Region überproportional stark treffen.
«Zentrumslasten müssen fair verteilt werden»
Seit Jahrzehnten übernehme die Stadt St. Gallen ihre Verantwortung als Zentrumsstadt der Ostschweiz. Die Gemeinden der Region würden direkt oder indirekt von den Leistungen profitieren, welche die Stadt erbringe. «Die Zentrumslasten müssen endlich fair verteilt werden. Hier ist der Kanton in der Pflicht, nachhaltige Schritte einzuleiten und alle Profiteure, auch die ausserkantonalen, an einen Tisch zu bekommen und dazu beizutragen, dass die Anteile an den Zentrumsleistungen fair abgegolten werden», wie die GLP schreibt.
Auf den Vorwurf an die Stadtregierung, mit dieser Massnahme gerade an der Stiftsbibliothek und zum falschen Zeitpunkt ein Exempel statuieren zu wollen, stellt sich die Partei die Fragen: Wann sei denn der richtige Zeitpunkt und wo sei es opportun, dass die Stadtregierung im Interesse ihrer Bevölkerung «Nein» sage? Beim Openair? Beim FC St. Gallen? Beim CSIO? Wenn der Steuerfuss auf über 150 Prozent klettere? Oder erst, wenn die Stadt pleite sei?
Die GLP und JGLP begrüssen das Vorgehen und den Mut des Stadtrats, einzugreifen, wenn der Kanton einen nicht gerechtfertigten Griff in die Stadtkasse machen will. Die viel beschworene Solidarität im Coronajahr sollte nicht an Gemeindegrenzen enden.