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14.02.2021

Eigentlich wäre Fasnacht – woher kommt sie?

Schweizer Gugge (Symbolbild)
Schweizer Gugge (Symbolbild) Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung
Mit etwas Wehmut blickt man in die Fastnachtszeit. Vielleicht auch mal Zeit, zu schauen, wie sie entstand? Freuen wir uns mit dem Ursprung auf das nächste Jahr.

Fasnacht bezeichnet man die Bräuche, mit denen die Zeit vor der vierzigtägigen Fastenzeit ausgelassen gefeiert wird. Diese beginnt mit dem Aschermittwoch und endet an Ostern.

Der Karneval findet vor allem in katholischen und in abgewandelter Form auch in orthodoxen Regionen statt.

 

Karneval in Rio de Janeiro Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Der Karneval wird sehr unterschiedlich begangen

Karnevalsumzüge, Musik, Masken und das Verkleiden spielen eine Rolle. Eine ganz eigenständige Vitalität entwickelte der Karneval in Lateinamerika, etwa beim Karneval von Oruro oder dem Karneval in Rio.

  • Bekannt sind auch der Karneval in Venedig.
  • in Kanada der Karneval von Québec.
  • der Mittfasten-Karneval am Sonntag Laetare in Stavelot und anderen Orten der belgischen Ostkantone.
  • in Spanien der Karneval von Santa Cruz de Tenerife und der Karneval in Cádiz.
  • Auch in den Südstaaten der Vereinigten Staaten gibt es eine ausgeprägte Karnevalstradition. 
  • Der Karneval in Namibia findet an verschiedenen Orten des Landes statt und hat keinen zeitlichen Bezug zur Fastenzeit mehr.
  • m deutschen Sprachraum sind «Hochburgen» das Rheinland und die schwäbisch-alemannische Fastnacht.
Fasnacht in Deutschland Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Vor 5000 Jahren Vorläufer des Karnevals

Und zwar wurden diese in Mesopotamien gefeiert, im Land mit den ersten urbanen Kulturen. Eine altbabylonische Inschrift aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. gibt Kunde davon, dass unter dem Priesterkönig Gudea ein siebentägiges Fest gefeiert wurde und zwar nach Neujahr als symbolische Hochzeit eines Gottes. Die Inschrift besagt: «Kein Getreide wird an diesen Tagen gemahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite. Die Mächtige und der Niedere sind gleichgeachtet.»

Hier wird zum ersten Mal das Gleichheitsprinzip bei ausgelassenen Festen praktiziert und dies ist bis heute ein charakteristisches Merkmal des Karnevals.

Mesopotamien (Symbolkarte) Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Im Zusammenhang mit dem Erwachen

In allen Kulturen des Mittelmeerraumes lassen sich ähnliche Feste, die meist mit dem Erwachen der Natur im Frühling in Zusammenhang stehen, nachweisen:

In Ägypten feierte man das ausgelassene Fest zu Ehren der Göttin Isis

die Griechen veranstalteten es für ihren Gott Dionysos und nannten es Apokries.

Die Römer schließlich feierten vom 17. Dezember bis 19. Dezember die Saturnalien zu Ehren ihres Gottes Saturnus.

  • Das Fest war verbunden mit einem öffentlichen Gelage, zu dem jedermann eingeladen war. Hinrichtungen wurden wegen der Saturnalien verschoben. Sklaven und Herren tauschten zeitweise die Rollen, feierten und saßen gemeinsam myrtenbekränzt bei Tische, tranken und aßen, konnten jedes freie Wort wagen und überschütteten sich mit kleinen Rosen.
Saturn Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Konfettientstehung?

Aus den Rosen entstand möglicherweise das in unseren Tagen bekannte Konfetti. Die Römer veranstalteten bereits farbenprächtige Umzüge, bei denen ein geschmückter Schiffswagen umhergezogen wurde.

Die von Kindern geliebten Konfetti Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Ursprung der Fasnacht angezweifelt

Eher hat es mit dem Beginn vom kalten Winterhalbjahr in das warme fruchtbare Sommerhalbjahr zu tun. Den Winter habe man versucht zu vertreiben, indem man sich als Geister, Kobolde und unheimliche Gestalten aus der Natur verkleidete und mit Holzstöcken wild um sich schlug oder mit einer Rassel oder Ratsche Lärm machte.

Kobold in guter Absicht Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Im Zusammenhang mit der Fastenzeit

Die Skepsis gegenüber allen Theorien, die eine Überlieferung germanischen oder keltischen Brauchtums annehmen, hält seit 1945 ungebrochen an. Es ist aus diesem Grund davon auszugehen, dass über mehrere Jahrhunderte keine Feste ähnlich der Fastnacht stattfanden, sondern diese eher im hohen und späten Mittelalter mit der Fastenzeit entstanden.

Narrenfeste um den 6. Januar herum

Im mittelalterlichen Europa feierte man vom 12. Jahrhundert bis zum Ende des 16. Jahrhunderts «Narrenfeste» um den Epiphaniastag, den 6. Januar. Zwar fanden solche Feste auch in Kirchen statt, sie waren jedoch keine kirchlichen Feste. Dabei übernahmen die unteren Kleriker vorübergehend Rang und Privilegien der höheren Geistlichkeit. Kirchliche Rituale wurden parodiert. Auch während der eigentlichen Karnevalstage waren Narren- oder Eselsmessen weit verbreitet.

Die Unschuldigen und die Narren Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

1206 erstmals von «fasnaht» die Rede

Die derzeit älteste bekannte literarische Erwähnung der «fasnaht» findet sich in einem auf das Jahr 1206 datierten Teil des Parzival des Minnesängers Wolfram von Eschenbach. Dort heißt es, dass «die koufwip zu Tolenstein an der fasnaht nie baz gestriten» hätten. Wolfram von Eschenbach beschreibt dort mit blumigen Worten, wie die Frauen rund um die Burg der Grafen von Hirschberg-Dollnstein am Donnerstag vor Aschermittwoch groteske Spiele, Tänze und Verkleidungen vollführten.

Wolfram von Eschenbach, Parzival (Literatur) Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Auch frühe Erwähnungen in der Speyerer Chronik

Eine der frühen Erwähnungen der Fastnacht findet sich in Christoph Lehmanns Speyerer Chronik von 1612, die aus alten Akten berichtet: «Im Jahr 1296 hat man das Unwesen der Fastnacht etwas zeitig angefangen, darinn etliche Burger in einer Schlegerey mit der Clerisey Gesind das ärgst davon getragen, hernach die Sach beschwerlich dem Rhat angebracht, und umb der Frevler Bestrafung gebetten.»

Grosses Interesse an Alkohol

Am 26. Oktober 1353 wurde verdeutlicht, dass der Erzbischof Wilhelm von Gennep den Klerikern und Ordensleuten verbot, Bier und Wein zu verkaufen oder auszuschenken. Das bewies, dass offensichtlich zu Karneval ein großes Interesse an alkoholischen Getränken bestand.

  • Im Juni 1369 wurde das Verbot im Rahmen eines Kompromisses wieder aufgehoben.
  • Zum 1. Juli 1412 trat ein Verbot des Kölner Rats, Spiele und Tänze an geheimen Orten und in Zunfthäusern ohne Wissen und Willen der Zünfte abzuhalten, in Kraft.
  • 1422 taucht erstmals eine Erwähnung des Kölner Bauern als Schildhalter des Reichs in einem Gedicht auf.
  • 1425 erscheint der Bauer dann auch erstmals in einem Rosenmontagszug.
  • Um 1440 entstanden in einem Fries des Gürzenich Abbildungen des Fastnachtstreibens.

Aschermittwoch als unausweichliche Umkehr zu Gott

Die mittelalterliche Fastnacht wird auf die augustinischen Lehren in seinem Werk De civitate Dei zurückgeführt. Die Fastnacht steht daher für die civitas diaboli, den Staat des Teufels. Daher wurde die oftmals ausartende Fastnacht von der Kirche als didaktisches Beispiel geduldet, um zu zeigen, dass die civitas diaboli wie auch der Mensch vergänglich ist und am Ende Gott siegreich bleibt.

Mit dem Aschermittwoch musste daher die Fastnacht enden, um die unausweichliche Umkehr zu Gott zu verdeutlichen. Während die Kirche bei gotteslästernden Szenen während der Fastnacht untätig blieb, wurde ein Weiterfeiern der Fastnacht in den Aschermittwoch hinein streng verfolgt.

Öffentliche Ordnung wahren

Am 9. Februar 1609 wurden zum wiederholten Male in Köln das Karnevalsfest und die «Mummerei» verboten, um die öffentliche Ordnung zu wahren. Oft artete es neben dem üblichen Trommeln und Trompeten sogar in Exzessen aus, auch durch Träger geistlicher Kleidung.

  • 1610 ließ man die Handwerksgesellen in ihrem Mummenschanz dann wieder gewähren.
  • 1640 wurden vom Volk und der niederen Geistlichkeit sogar «Narrenbischöfe» gekürt.
  • Am 7. Februar 1657 erging erneut das Ratsverbot zur «Mummerei» in der Karnevalszeit.

Reformation stellte die Fastenzeit in Frage

Die Reformation stellte die vorösterliche Fastenzeit in Frage. Die Fastnacht verlor damit ihren Sinn. In protestantischen Gegenden gerieten viele Bräuche zum Teil wieder in Vergessenheit. Im Barock und Rokoko wurden vor allem auf Schlössern und an den Fürstenhöfen Karnevalsfeste gefeiert, deren Masken sich stark an die italienische Commedia dell’arte anlehnten.

Ursprung des Rufes «Kölle Alaaf»

Die französischen Besatzer untersagten in Köln die Fastnacht am 12. Februar 1795, erlaubten sie jedoch am 7. Pluviôse des Jahres XII. (28. Januar 1804) wieder. 1804 war Karneval zwar wieder erlaubt, wurde jedoch als rüpelhaft angesehen und vielfach beklagt. Zu diesem Zeitpunkt tauchte – wohl nicht erstmals – der Ruf «Kölle Alaaf» auf, und zwar als Toast-Ruf für den späteren König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen während seines Besuches in Köln im Jahre 1804. Der Köln freundliche König erinnerte sich später bei seinem erneuten Besuch 1848 anlässlich des Beginns des Weiterbaus am Kölner Dom daran und rief zum Schluss seiner Ansprache auch «Alaaf».

Der Karneval in Köln wurde 1823 mit der Gründung des «Festordnenden Comites» neu belebt und organisiert, vermehrt um die Komponente der Kritik an der fremden Obrigkeit: ein «kulturpolitischer Streich mit humoristischem Ambiente».

Basler Fasnacht (Kinderumzug) Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Fasnacht hauptsächlich im Katholizismus

Während ältere Fasnachten in Südwestdeutschland sich nach wie vor hauptsächlich in katholischen Gebieten finden lassen, führte ein regelrechter Fastnachtsboom in den 1990er Jahren auch in protestantischen Gegenden die Fastnacht ein.

In der Schweiz hat Basel einen Sonderstatus: Die Stadt feiert trotz des seit Jahrhunderten vorherrschenden Protestantismus eine alte, traditionelle Fastnacht (Basler Fasnacht). Auch in Winterthur konnte sich die Winterthurer Fasnacht trotz Reformation und Verbot halten.

In anderen Ländern konnten sich der Fasching und der Karneval kaum etablieren.

Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Woher stammt das Wort Fastnacht?

Das Wort Fastnacht stammt von mittelhochdeutsch vastnaht, belegt seit 1200 und in der Bedeutung «Vorabend vor der Fastenzeit», also seit der Synode von Benevent 1091 der «Dienstag vor Aschermittwoch», von naht, «Nacht, Vorabend», und gehört zu mittelhochdeutsch vaste von althochdeutsch fasta, «das Fasten, die Fastenzeit», wobei die Möglichkeit besteht, dass eine Angleichung an «fasten» vorliegt, wenn passend zu Formen wie «Fasenacht» und «Faselabend», mittelhochdeutsch vaseln, «gedeihen, fruchtbar sein», Einfluss hatte.

Beginn der Fastnachtszeit; der 6. Januar

Als Beginn der Fastnachtszeit galt bzw. gilt in vielen deutschsprachigen Ländern ursprünglich Dreikönigstag, der 6. Januar.

Vor Weihnachten schon eine Fastenzeit

Seit dem 19. Jahrhundert findet in vielen Gegenden zusätzlich am 11. November, dem «Elften im Elften», ab 11.11 Uhr die offizielle Eröffnung der Karnevalssession statt. Hintergrund ist, dass es auch vor Weihnachten bereits kurz nach der Fixierung des Festes im Jahr 354 eine vorbereitende vierzigtägige Fastenzeit gab, ähnlich der österlichen Fastenzeit nach Karneval.

11.11., 11.11 Uhr irreführend

Die Zeit vom 12. November bis 5. Januar bleibt aber selbst in den Zentren des Karnevals entlang des Rheins weiterhin weitgehend karnevalsfrei, was sich aus der erwähnten vorweihnachtlichen Fastenzeit, der Rolle des Novembers als Trauermonat und dem besinnlichen Charakter des Advents erklärt. Soweit von einer «Vorverlagerung» des Karnevalsbeginns oder von einer «Saisoneröffnung» am 11. November gesprochen wird, ist dies daher zumindest irreführend. Von seiner Entstehungsgeschichte her stellt der 11. November vielmehr einen zweiten «kleinen» Karneval dar.

Fasnacht in Südafrika Bild: toggenburg24/Web/freie Nutzung

Um Mitternacht endet der Karneval

Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. In der Nacht zu Aschermittwoch um Punkt Mitternacht endet der Karneval, und es gibt an vielen Orten die Tradition, dass die Karnevalisten in dieser Nacht eine Strohpuppe, den so genannten Nubbel, als Verantwortlichen für alle Laster der karnevalistischen Tage verbrennen.

Auf den Nubbel werden die in der Karnevalszeit begangenen Verfehlungen oder Sünden gelegt, damit diese nach der Vernichtung nicht mehr gelten können.

Dieser Schelm oder Hanswurst hatte Ähnlichkeit mit Till Eulenspiegel und den mittelalterlichen Hofnarren. So wird berichtet, dass es im 18. und 19. Jahrhundert am Niederrhein der kleinen Leute Brauch war, in der Nacht auf Aschermittwoch ausgerüstet mit Stangen, an denen Würste hingen, durch die Straßen zu laufen und lustige Lieder zu singen.

Patricia Rutz/Toggenburg24