- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Der Bergsturz von Blatten ist Naturschauspiel und menschliches Drama. Die Nation fühlt mit. Ich war selbst als Kind und Jugendlicher wiederholt in Blatten und im Weiler Ried in den Ferien, umso mehr berührt einen, was dort geschieht.
Konstruierter Zusammenhang
Weniger Verständnis habe ich für die Versuche von Medien, auf Biegen und Brechen einen Bezug zwischen dem Ereignis im Lötschental und dem Klimawandel zu konstruieren.
Tamedia zitiert den ETH-Professor David N. Bresch, um diesen Zusammenhang zu belegen. Nur sagt Bresch: «Man kann den Einfluss der Klimaveränderung nicht komplett ausschliessen.»
Nicht komplett ausschliessen? Das ist die denkbar schwächste Formulierung. Trotzdem schreiben die Zeitungen seitenlang darüber.
Der Fachmann bleibt cool
Ein paar Tage zuvor, wiederum in Tages-Anzeiger & Co., dasselbe Spiel: «Einen Berg kann man nicht aufhalten», sagt Robert Kenner vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung.
Der Journalist will aber unbedingt seine These bestätigt sehen, dass der Klimawandel schuld sei. Aber es will einfach nicht sein. Der Fachmann bleibt cool.
Phänomen von Jahrtausenden
Seine Kernaussage lautet: Der Berg sei keine homogene Masse, es gebe Schwächezonen, die Gravitation ziehe, letztlich versage der Hang. «Kurz: ein Bergsturz – wie es ihn heute oder in tausend Jahren geben kann.»
Ja und was ist dann mit dem tauenden Permafrost? Ein solcher Einfluss sei möglich, so Kenner. «Aber die instabile Situation in Blatten will ich aus der Distanz auch nicht beurteilen.» Was er aber sagen könne: Die Instabilitäten in gefrorenen Felswänden hätten sich «über die Jahrtausende gebildet».
Es handelt sich also um ein Phänomen, das sich über Zeiträume erstreckt, in denen die menschliche Industrialisierung kaum mehr als ein Wimpernschlag ist.
«Gebirge wird uns nicht auf Kopf fallen»
Kenner erteilt jedem Alarmismus eine Absage: In den letzten zwanzig, dreissig Jahren hätten wir über die Hälfte des Permafrosts verloren. «Und trotzdem konnten wir keinen dramatischen Anstieg von Fels- und Bergstürzen feststellen.»
Zudem bedecke der Permafrost nur 3 Prozent der Landesfläche. Sein Schwinden werde also auch in Zukunft «nur sehr wenige Talschaften betreffen».
Es handle sich um Einzelfälle, so dramatisch sie für die Betroffenen sind. «Aber grossflächig wird und das Gebirge nicht auf den Kopf fallen.»