Weil mit der Zeit diese Geschenke immer kostbarer wurden und man damit ‹so hoch gestiegen, dass es manchem zu einer beschwerlichen Last wurde›, erliess die hohe Obrigkeit der Stadtrepublik St. Gallen am 26. Dezember 16i1 ein ‹ offenes Edikt›.
Es scheint, dass zu Anfang des 17. Jahrhunderts in St. Gallen der Brauch aufkam oder verstärkt wurde, den Kindern am Neujahrstag ‹zum neuen guten Jahr› etwas zu schenken. Weil mit der Zeit diese Geschenke immer kostbarer wurden und man damit ‹so hoch gestiegen, dass es manchem zu einer beschwerlichen Last wurde›, erliess die hohe Obrigkeit der Stadtrepublik St. Gallen am 26. Dezember 16i1 ein ‹ offenes Edikt›.
Die Herren Räte sahen in dieser Schenkerei vor allem ‹einen unnotwendigen Überfluss› und hielten sie mitnichten ‹ für eine Ehr oder gute Gewohnheit. Sie dachten gewiss an die ‹gute alte Zeit›, wenn sie in der Einleitung des Mandats schrieben: ‹Sintemalen dann solches bei unsern frommen Vordern [d.h. Vorfahren], ja auch bei unsern selbsteignen Lebzeiten und noch vor wenig kurzen Jahren nicht bräuchlich gewesen.›3x Das Schenken
Das weihnachtliche Schenken geht einerseits auf eine römische Sitte zurück, ‹zu Jahresanfang als glückverheissendes Vorzeichen Geschenke zu geben›. Eine andere Wurzel sieht Richard Weiss in der geheimnisvollen Bescherung durch höhere Mächte, die aus dem Glauben zu erklären ist, dass um Mittwinterzeit strafende und bescherende Dämonen, nach Meuli vor allem die Geister der Toten, die Menschen heimsuchen›. 32
Gegen Überfluss, Pracht und Köstlichkeit
Die Gnädigen Herren waren seit einiger Zeit bestrebt, sUberfluss, Pracht und Köstlichkeit› in ihrer Stadt einzudämmen, und hatten zu diesem Zweck im August 1611 ein grosses Mandat im Druck Publizieren lassen, welches folgenden umfangreichen Titel trug:
‹Mandat und Ordnung, Herren Burgermeister, kleiner und grosser Räthen der Statt S. Gallen, von wegen deß Christichen Kirch-gangs, und besuchung der Predigen: Item zu abstellung deß lieder. lichen zehrhafften lebens, Wie nicht weniger deß uberflusses prachts unnd koestligkeit in Gastereyen, an den Hochzeiten, und in der bekleydung.>
Ordnung betreffend die Neujahrsgaben Und nun sollte hinsichtlich der Neujahrsgaben Ordnung geschaffen werden; zu diesem Behufe wurden folgende Bestimmungen er-lassen: Fortan durften nur noch Väter und Mütter ihren Kindern, Grossväter und Grossmütter ihren Enkeln und Gevattern und Gevatterinnen ihren Tauf kindern Neujahrsgaben verteilen. Allen andern Personen wurde das Schenken bei Busse verboten.
‹Zu solchen Neujahrsgaben soll man nichts anderes geben als einen gemeinen Bibenzelten, wie bisher der Brauch war, oder dafür Pfilen-Brot oder gemeines Brot, welches aber an Wert nicht köstlicher sein solle, als ein gemeiner Bibenzelten, aber wohl schlechter.
Darauf und dazu solle man auch nichts anderes legen noch geben als bares Geld, nämlich Väter und Mütter, auch Grossväter und Grossmütter mehr nicht als für ein Kind auf das aller Mehrste 3 Batzen [12 Kreuzer], aber wohl weniger, je nach eines jeden Vermögen; aber Gevatter und Gevatterinnen mehr nicht als 6 Kreuzer, aber wohl weniger, abermals nach eines jeden Vermögen; alles bei vorbestimmter Busse.›
Stadtarme, Wächter, Dienstboten
Im Übrigen hatten die Armen der Stadt, die sogenannten ‹Stockleut, d.h, jene, welche aus dem Opferstock der Kirche Almosen erhielten, seit einigen Jahren angefangen, ‹den Leuten ihre Kinder an den Neujahrstagen, mit grosser Beschwerde, um die Neujahrsgabe in die Häuser› zu schicken,
Und die Wächter, denen der Lohn gerade chen verbessert worden war, hatten begonnen, ‹mit Einsammlung der Neujahrsgabe› den Mitbürgern beschwerlich zu fallen. Sowohl den Stockleuten wie den Wächtern wurde dies verboten, und zwar, da man diesen armen Leuten ja wohl nur schwer eine Busse abknöpfen konnte, ‹bei Strafe der Gefangenschaft.
Was die Dienstboten und dergleichen Personen anbelangte, die von ihren Meistersleuten, soweit sie es ‹mit getreuer Dienstleistung verdienten›, Neujahrsgaben zugut hatten, wollte es die Obrigkeit lassen wie bisher.