Stellen Sie sich vor, dass es zwischen Genf und der Schweiz brodelt: Die Genfer fühlen sich benachteiligt und sind überhaupt nicht einverstanden mit einem Entscheid der Schweiz. Die EU könnte ein solcher Stein des Anstosses sein.
Frankreich bekräftigt den Standpunkt der Genfer, spendet Geld an oppositionelle Gruppen und setzt beim Bundesrat Druck auf. Die Genfer haben genug von der Eidgenossenschaft und fühlen sich ohnehin viel mehr als Franzosen.
Zwei Möglichkeiten gibt es nun.
Die Eidgenossenschaft wehrt sich entweder vehement gegen die Genfer, gibt ihnen den Tarif durch und besteht auf der territorialen Integrität. Anhänger eines Wechsels zu Frankreich werden verfolgt, inhaftiert und erhalten keine fairen rechtlichen Möglichkeiten. Die französische Fahne wird in Genf verboten, Vereine, welche dieses Anliegen vertreten, ebenfalls. Die Finanzflüsse aus Frankreich Richtung Genf werden strikt kontrolliert, beschlagnahmt und unterbunden.
Oder: Bevor die Spannungen eskalieren, wird ein friedlicher Weg gesucht. Ein Zusammen ist nicht mehr möglich. Eine Volksabstimmung in Genf ergibt, dass eine grosse Mehrheit den Anschluss an Frankreich wünscht. Frankreich ist ebenfalls bereit, Genf aufzunehmen. Die Schweiz stellt sich dem Willen der Bevölkerung in Genf nicht entgegen. Die technischen Details werden zwischen den Beamten von Frankreich und der Schweiz geklärt.
Variante zwei entspricht dem Völkerrecht; Variante eins findet sich ebenfalls im Völkerrecht. Ist der Wille des Volkes jedoch klar und eindeutig, überwiegt dieser.
Die territoriale Integrität der Staaten gilt nur für feindliche Angriffe entgegen dem Willen der betroffenen Völker.
Variante eins ist Machtpolitik; hier sind Interessen von Regierenden und Regierungshäuptern am Wirken. Es wird Feindpropaganda betrieben, um die Bevölkerung mitzunehmen. Jemand müsste ja schliesslich an die Front, im äussersten Fall – und damit das klappt, muss der Feind ein unmenschliches Ungeheuer sein.
Variante zwei kommt der Bevölkerung entgegen, was interessiert es den Toggenburger Bauern, den Rheintaler Elektriker oder den Appenzeller Bäcker, ob Genf nun zur Schweiz oder Frankreich gehört? Den normalen Leuten ist viel wichtiger, dass sie ihr Leben führen können. Weshalb sollten sie ihr Hab und Gut, ihr Leben riskieren, um den Genfer etwas aufzuzwingen, was diese nicht wollen?
Nehmen Sie diese konstruierte Geschichte und übertragen Sie diese auf die Ukraine, Israel/Palästina, Syrien und den Grossteil der übrigen Brandherde. Dort wird Machtpolitik betrieben – und wir werden mit Propaganda berieselt, damit wir Stellung beziehen gegen den von der hohen Politik definierten Feind.