Als «Missive des Monats» stellen wir Ihnen jeden ersten Freitag im Monat ein besonders interessantes Schriftstück vor. Heute widmen wir uns den Armagnaken in der Ostschweiz und wie diesbezügliche Gerüchte und gesicherte Informationen parallel verbreitet wurden.
Im September 1444 trafen innert kurzer Zeit Nachrichten aus Lindau, Nürnberg und Konstanz in St.Gallen ein. Obwohl die Missiven aus unterschiedlichen Richtungen und von verschiedenen Absendern kamen, war das Thema immer dasselbe: marodierende Söldner in der Ostschweiz.
Lindau meldete am 4. September Bürgermeister und Rat zu St.Gallen, dass «ain schiff mit raißigem volk uff hüt umb unser statt by dem galgen gehalten und gefaren habe» (Nr. 177). Sie wüssten aber nicht, wohin dieses Schiff steure, und baten um Informationen. Weitere Hiobsbotschaften folgten in kurzen Abständen. Die Söldner würden auch die Bevölkerung im Klettgau terrorisieren, die Eidgenossen hätten eine empfindliche Niederlage erlitten und schliesslich, der französische Thronfolger Ludwig IX. hätte die Stadt Basel aufgefordert, ihm zu huldigen (Nrn. 177 Beilage 1, 180).
Erst ein Brief des römischen Königs Friedrich III. brachte ein wenig Licht ins Dunkel. Darin beklagte er sich, dass «ein frömdes gross volk auss Franckreich sich in das Heilig Reich und in deutsche lannde gefüget (…) und verderbung der leüte übermeslich beschediget» (Nr. 179).
Weitere Informationen folgten, und von Brief zu Brief verdichteten sich die Nachrichten zu einem immer detaillierteren Lagebild. Die erwähnte Niederlage der Eidgenossen fand am 26. August vor den Toren Basels bei St.Jakob an der Birs statt. Ihre Gegner waren Söldner im Dienste Frankreichs, die als Armagnaken bezeichnet wurden.