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21.10.2024
21.10.2024 07:44 Uhr

Metzgete früher auch mit Katzen und im Toggenburg?

Vor hundert Jahren gehörte der herbstliche Katzenschmaus in vielen Restaurants im Appenzellerland, Rheintal und der weiteren Ostschweiz zum selbstverständlichen Angebot.
Vor hundert Jahren gehörte der herbstliche Katzenschmaus in vielen Restaurants im Appenzellerland, Rheintal und der weiteren Ostschweiz zum selbstverständlichen Angebot. Bild: Peter Eggenberger Collage: rheintal24
Derzeit laden Restaurants zur Metzgete, vor allem vom Schwein und Rind. Früher war auch der Katzenschmaus gang und gäbe – laut Inserat im «Appenzeller Anzeiger» vor hundert Jahren.

Vor allem in Notzeiten wurde Katzen- und Hundefleisch gegessen. Dazu Historiker Walter Schläpfer im Buch «Geschichte von Appenzell Ausserrhoden»: «In den Jahren 1816/17 erlebte die Ostschweiz die letzte grosse Hungersnot. Diese war drückend und anhaltend, zumal gleichzeitig eine scharfe Wirtschaftskrise als Folge von Handelshemmnissen und Teuerung zu gravierender Arbeitslosigkeit führte.»

«Im Herbst stauten sich Scharen von Bettlern vor den Häusern wohlhabender Mitbürger. Kinder wurden ins Freie getrieben und angehalten, sich von Kräutern und Wurzeln zu ernähren. Und selbstverständlich, dass das Fleisch von Hunden und Katzen gierig verzehrt wurde», heisst es dort weiter.

Alltägliches Speiseangebot

Auch rund hundert Jahre nach der grossen Hungersnot von 1816/17 war der Verzehr von Katzen- und Hundefleisch alltäglich. Mit einem Inserat in der Vorderländer Zeitung «Appenzeller Anzeiger» lud Wirtin Marie Heller ergebenst zum Katzenschmaus in ihre Wirtschaft Sonne im Weiler Untern (Heiden) ein.

Auch in den beiden Wolfhäldler Restaurants Löwen und Sonne sowie im Ochsen in Reute und in vielen anderen Beizen gehörte der Katzenschmaus zum herbstlichen Speiseangebot. In den Herbst- und Wintermonaten erschienen in vielen damaligen Zeitungen regelmässig Inserate von Restaurants mit Einladungen zum Katzenbraten.

Auch heute erlaubt

Gemäss Internet ist in der Schweiz der Verzehr von Hunde- und Katzenfleisch auch heute grundsätzlich erlaubt, sofern es sich um eigene Tiere handelt. Anders in westeuropäischen Staaten wie etwa in Deutschland, wo die Schlachtung von Hunden und Katzen seit 1986 verboten ist.

Metzgete im Toggenburg

Kaum hat die Wildsaison begonnen, folgt schon die nächste kulinarische Tradition: Die Zeit der Metzgete. Sie wird im Toggenburg, wie vielerorts auf dem Land, sehr hoch gehalten und geschätzt. Zu dieser Zeit servieren viele Restaurants währschafte und deftige Spezialitäten von Blut- und Leberwürsten über Speck, Rippli, Leberli bis hin zum Kotelett. Mancherorts sind auch Wädli, Öhrli, Schwänzli und Schnörrli nicht unüblich. Typischerweise wird dazu Sauerkraut oder Rösti serviert. Wem der Schlachtteller mit all diesen Spezialitäten zu viel ist, der wählt nur einzelne Komponenten davon aus.

Doch was hat es mit dieser Metzgete auf sich, an welcher der Fleischeslust gefrönt wird? Und warum wird nur Schweinefleisch serviert? Nun, die Tradition der Metzgete ist viele Jahrhunderte alt. Und es ist kein Zufall, dass sie auf dem Land gepflegt wird. Denn hierzulande war es einst für die Bauern schlicht nicht möglich, die Tiere allesamt für viel Geld während eines langen Winters durchzufüttern. Und so wurden die Säuli, nachdem sie im Sommer auf der Alp gemästet worden waren, im Herbst geschlachtet.

Die Tradition hat einen überaus nachhaltigen Gedanken. Denn es wurden keinesfalls nur Filet und Steak aus dem Fleisch gewonnen. Analog der heutigen Nose-to-Tail-Idee wurde vom Schnörrli bis zum Schwänzli alles verwertet. Was sich konservieren liess - man bedenke, dass es damals keine Gefrierschränke gab - wurde konserviert. Was aber wie Blut und Leber schnell verderblich ist, musste rasch verspeist werden. Und so entstanden gemeinsame Festschmause, die bis heute erhalten geblieben sind.

Peter Eggenberger/Rheintal24 / Linth24 / Toggenburg24