Denn als die Evangelische-reformierte Kirchgemeinde Unteres Toggenburg sich im Jahr 2022 für eine Erweiterung für 2,2 Mio. Franken entschied, schwangen mehrere Gründe mit. Einerseits sollte ein Verkauf der Kirche abgewendet, das Gebäude vielfältig genutzt und andererseits die Gemeinschaft mehr ins Zentrum gestellt werden.
Sturheit des Pfarrers
Dies war beim Kirchenbau 1937 ganz anders. Die Baukommission von damals kämpfte gegen die Sturheit des Pfarrers, dem eine über dem Dorf thronende Kirche an einen erhabenen Ort vorschwebte und der darauf beharrte, dass die Kanzel, ganz reformiert, vorne in der Mitte sein sollte. Es kam anders. Der Pfarrer nahm irgendwann nicht mehr an den Sitzungen teil. Kassier, Präsident und Architekt entschieden sich für den heutigen Standort. Die Kirche musste vorerst ohne Toilette auskommen, dafür mit einer Kanzel am linken Rand des Schiffs.
Zugespitztes Theater
Pfarrer Fabian Kuhn hat aufgrund von Protokollen ein Theater in fünf Szenen zum Kirchenbau geschrieben. Gewiss, es war zugespitzt, zeigte aber, dass die Reformation immer noch nachwirkte, die Loslösung von der paritätisch genutzten Kirche auf dem Schlosshügel ein innigster Wunsch der Reformierten war, sich die beiden Konfessionen nichts schenkten. «Auch die heutige Lösung ist nicht perfekt», so Kuhn, aber in der jetzigen Baukommission sei die Energie der Reibung in neue Gespräche und Kompromisse geflossen. Und die Gräben von damals seien nicht mehr: So spielten Konfessionslose, Katholiken und Reformierte das Theater, allen voran der amtierende katholische Kirchenverwaltungsratspräsident. Er verkörperte den reformierten Pfarrer.
«Ihr seid Gottes Tempel»
Das Miteinander beider Konfessionen soll auch weiterhin gepflegt werden: Bei Grossanlässen sind die Reformierten Gast in der katholischen Kirche. «Die Katholiken ihrerseits können unsere neuen Räume nutzen», so Kuhn im sonntäglichen Festgottesdienst. Hier lieferten sich Kuhn und die Sozialdiakonin Petra Glatthard ein theologisches Streitgespräch. Es endete in der Erkenntnis, dass die Erweiterung kein Werk Gottes sei, sondern ein Werk der Gemeinschaft, die wirkt und in der Gott präsent ist. «Ihr seid Gottes Tempel», so das Pauluswort, und dazu brauche es ein gemeinsames Fundament und die Menschen als «lebendige» Steine, sagte Glatthard. Oder in den Worten Kuhns: «Die Gemeinschaft bildet den Tempel und macht den Gottesdienst.»
Festreden
Kurz und prägnant waren schliesslich die fünf Festreden. Jüge Rüdlinger vom Architekturbüro Skizzenrolle erklärte, wieso der Umbau so dasteht, wie er heute dasteht: Als Raum für Jung und Alt, offen, transparent wie die Kirchgemeinde und nicht am alten Baubestand haftend. Baukommissionpräsident Enzo Fuschini dankte seinen Vorstandskollegen und Bauleiter Nöbi Helg: «Wir haben vieles gut gemacht, jeder und jede hat seinen Fähigkeiten zum Wohl des Baus eingebracht.» Der katholische Kirchenverwaltungsratspräsident Remo Walder gratulierte zum Bau, dieser offenen Kirche, die für ihn Behaglichkeit und Gemütlichkeit ausstrahle. «Wir sind beschenkt worden mit einem wunderbaren Begegnungsraum.»