Die Interpellation im Wortlaut:
«National- und Ständerat haben am 29. September 2023 der zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes zugestimmt. Nach Ablauf der Referendumsfrist am 15. Februar 2024 wird das revidierte Gesetz am 01.01.2025 in Kraft treten.
Vier Kernpunkte
Mit der Anpassung des Gesetzes werden vier Kernpunkte erreicht:
- Verstärkte Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet
- Stabilisierung der Anzahl Gebäude ausserhalb der Bauzone
- Vorrang der Landwirtschaft gegenüber anderen Nutzungen ausserhalb der Bauzone
- Neue Nutzungen der bestehenden Gebäudesubstanz in definierten Gebieten
Mehr Gestaltungsfreiraum
Auf Bundesebene werden die Verordnungen bis Ende 2024 ausgearbeitet. Diese konkretisieren die Auslegung der bundesrechtlichen Bestimmungen. Das Bundesparlament gibt den Kantonen mit der Gesetzesrevision mehr Gestaltungsfreiraum. Die kantonalen Behörden und die Verwaltung sind nun gefordert die passenden Rahmenbedingungen für den eigenen Kanton zu schaffen. Der Kanton St.Gallen und namentlich das ländlich geprägte Toggenburg sind von der Revision des Raumplanungsgesetzes besonders betroffen. So steht der Kanton nach Graubünden, Bern und Wallis an vierter Stelle bei Anzahl Gebäuden ausserhalb der Bauzone.
Fünf Jahre Zeit
Der Kanton hat ab Inkrafttreten des Gesetzes maximal fünf Jahre Zeit, die Verordnungen auf kantonaler Ebene zu erarbeiten sowie den kantonalen Richtplan an die Anforderungen des Bundesrechts anzupassen und diesen beim Bund genehmigen zu lassen. Die Umsetzung der neuen Gesetzesartikel in der kantonalen Verordnung wird komplex. Insbesondere mit der Schaffung von neuen Planungszonen oder der Entwicklung der Streusiedlungsgebiete geht die künftige Raumplanung weg vom reinen Besitzstand zur nachhaltigen Entwicklung. Die Ausarbeitung der Verordnung wird nicht nur beträchtliche Ressourcen beanspruchen, sondern auch die Mitwirkung breiter Kreise notwendig machen.
Befürchtung: Lange Wartefristen
Die Ausarbeitung des neuen Richtplans mit der anschliessenden Genehmigung durch den Bund werden längere Zeit dauern. Es ist zu befürchten, dass gegen Ende der 5-Jahresfrist beim Bund lange Wartefristen beim Genehmigungsverfahren entstehen. Nach Ablauf der Frist und ohne genehmigten Richtplan können ausserhalb des Baugebietes ohne Kompensation keine neuen Gebäude mehr erstellt werden. Das wäre für die Entwicklung des ländlichen Raums mit Landwirtschaft, Tourismus und Gewerbe ein unerwünschtes Worst-Case Szenario.
Fragen an die Regierung
Wir bitten die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:
- Wie beurteilt die Regierung die Risiken und Chancen der Revision des RPG, 2. Etappe (RPG 2) für den Kanton St.Gallen?
- Ist die Regierung bereit, die bisher eher zurückhaltende Praxis beim Bauen ausserhalb der Bauzone abzulegen und mit einer progressiveren Grundhaltung die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Kantons St.Gallen voranzutreiben?
- Hat die Regierung den Fahrplan für die Erarbeitung der kantonalen Verordnung und der erforderlichen Richtplananpassung bereits festgelegt und wie sieht dieser aus?
- Teilt die Regierung die Meinung, dass bei der Erarbeitung der kantonalen Verordnungen die Gemeinden, die Regionalplanungsgruppen, die Landwirtschaft, das Gewerbe und der Tourismus und insbesondere der Kantonsrat miteinbezogen werden müssen, und wie wird dieser Einbezug sichergestellt?
- Welche Bedeutung misst die Regierung einer zeitnahen Genehmigung des Richtplanes vor dem Ablauf der 5-Jahresfrist zu?
- Welche Vorarbeiten wurden auf kantonaler Ebene im Hinblick auf die Umsetzung der Revision RPG 2 bereits geleistet?
- Hat die Regierung die notwendigen Ressourcen zur Umsetzung der Revision RPG 2 auf kantonaler Ebene in Budget und AFP bereits eingeplant?
- Wie stellt die Regierung sicher, dass die Abbruchprämien nach Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Verfügung stehen? Gibt es bereits finanzielle Mittel aus Mehrwertabgaben und wenn ja, wie hoch sind diese?»