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Leserbrief
Gesundheit
14.02.2024
14.02.2024 14:20 Uhr

Gesundheitsversorgung - offener Brief an das St. Galler Parlament

Ehemalige Kaderpersonen aus dem Gesundheitswesen sehen die Gesundheitsversorgung im Kanton gefährdet.
Ehemalige Kaderpersonen aus dem Gesundheitswesen sehen die Gesundheitsversorgung im Kanton gefährdet. Bild: Pixabay: Alterio Felines
Pensionierte Kaderpersonen aus der Pflege verfolgen mit Sorge die Entwicklung des St. Galler Gesundheitswesens. In einem offenen Brief wenden sie sich – darunter Bruno Facci, Ganterschwil und Monika Stalder, Hemberg, an den St. Galler Kantonsrat und die Regierung.

«Wir sind pensionierte Kaderpersonen aus der Pflege, die jahrzehntelang im St. Gallischen Gesundheitswesen gearbeitet haben. Mit grosser Sorge verfolgen wir die Entwicklung in unseren öffentlichen Spitälern, insbesondere den dort angekündigten Abbau von 440 Stellen. Dieser Kahlschlag gefährdet die Sicherheit der Gesundheitsversorgung. Es liegt auf der Hand, dass mit diesem Schritt der Verfassungsauftrag, «die Bevölkerung erhält zu für sie tragbaren Bedingungen eine ausreichende Gesundheitsversorgung» (Art. 15), nicht länger erfüllt ist. Zudem ist der Anspruch auf «tragbare Bedingungen» Makulatur, steigen doch die Gesundheitskosten unaufhaltsam an. Diese sind gemäss Sorgenbarometer 2023 und Sorgenmonitor 2024 wiederum die Sorge Nummer eins der Bevölkerung. 

Parlament und Regierung stehen in der Verantwortung

Deshalb sind jetzt Parlament und Regierung gefordert, die ihnen von der Verfassung auferlegte Verantwortung, die Sicherheit der Gesundheitsversorgung zu garantieren, wahrzunehmen. Die Massenentlassungen wurden als «alternativlos» bezeichnet. Trotzdem schlucken weder Belegschaft noch Bevölkerung diese Radikalkur. 3000 Menschen protestierten dagegen auf der Strasse. Bei den Mitarbeitenden stiessen die intransparenten Massnahmen auf Unverständnis und lösten Frustration, Angst und Unsicherheit aus. Viele fühlen sich zu Recht in ihrem Berufsstolz verletzt und gedemütigt. Wo waren Regierungsrat, Kantonsrat und Staatwirtschaftliche Kommission, die den Entscheid des Verwaltungsrats hätten überprüfen – und korrigieren – müssen, um dessen Umsetzung  zu verhindern? Die politisch Verantwortlichen versteckten sich ganz offensichtlich hinter dem Verwaltungsrat.

Fehlentscheid des Verwaltungsrates

Der Fehlentscheid des Verwaltungsrats hat Image- und Reputationsschäden für die Gesundheitseinrichtungen zur Folge. Ein solches Vorgehen ist nicht nur für die aktuell Beschäftigten ein Affront. Der unsensible Umgang mit diesen Berufsgruppen wirkt auch abschreckend auf junge Menschen, die vor der Berufswahl stehen. Der Abbaubeschluss wird deshalb die Rekrutierung der dringend benötigten Fachleuten langfristig belasten.  

Ökonomisierung gefährdet das Gesundheitswesen

Bildung, Sicherheit oder Ordnung sind Staatsziele, die in der Verfassung verankert sind. Niemandem käme in den Sinn, dass die Schulen oder die Polizei gewinnbringend arbeiten müssen. Von Spitälern wird das aber erwartet. Die aktuelle Spardebatte zeigt, dass wir neue Regeln für die Spitalfinanzierung brauchen. Mit der Behandlung kranker Menschen sollen keine Gewinne erzielt werden müssen. 

Deshalb fordern wir Unterzeichnenden folgende dringende Massnahmen:

  • Die politischen Behörden sollen den Mitarbeitenden der kantonalen Gesundheitseinrichtungen Dank, Anerkennung und Wertschätzung aussprechen.
  • Die Regierung und die anderen politischen Instanzen müssen ihre Aufsicht konsequent wahrnehmen und  sich negativ auswirkende Stellenabbauaktionen frühzeitig verhindern
  • Der Kantonsrat soll Sonderkredite bewilligen, um den bereits beschlossenen Stellenabbau rückgängig machen.
  • Es muss eine ausserordentliche Gesundheitskommission einberufen werden, die aus Kantonsrät:innen und  Akteur:innen aller Gesundheitsberufen besteht. Indem die Fachleute einbezogen werden, können sie ihre beruflichen  Lebenswelten in die viel zu oft realitätsferne Politik einbringen. Die Kommission hat den Auftrag,  Verbesserungsmassnahmen mit Sparpotenzial zu erarbeiten. Dazu gehören beispielsweise Projekte aufgleisen wie «Entbürokratisierung im Spital» und die Entlastung der Ärzt:innen und Pflegenden von nicht-ärztlichen beziehungsweise nicht-pflegerischen Aufgaben, um mehr Zeit für die direkte Arbeit bei den Patient:innen zu haben.
  • Der Kanton St.Gallen soll nach Bundesbern eine Standesinitiative überweisen, die verlangt, dass das wettbewerbsorientierte Krankenversicherungsgesetz (KVG) abgelöst wird durch ein neues, auf Nachhaltigkeit gestütztes Gesundheitsgesetz.

Für die IG 60plus des Schweizerischen. Berufsverbandes der  Pflegefachfrauen/-männer SG/TG/AR/AI

Bruno Facci, Ganterschwil; Ruth Frick, Wil; Agnes Haag, St. Gallen; Pia Hollenstein, St. Gallen; Hans Peter Hug, Oberuzwil; Brigitte Reiss, Wil; Monika Stalder, Hemberg»

IG60plus