«Nach dem Projekt in Appenzell zieht die Solviva AG zum zweiten Mal die Notbremse: Auch in Flawil verzichtet sie auf einen Neubau für ein Therapie- und Pflegezentrum. Für die Region Flawil hat dies gravierende Folgen.
Versprechungen für die Regionen gemacht
Im Rahmen der Diskussion um die neue Spitalstrategie wurden die von Spitalschliessungen betroffenen Regionen mit Versprechungen der Regierung und des Kantonsrates ruhiggestellt: Ersatzangebot in Wattwil, Abgabe des Spitals Walenstadt an den Kanton Graubünden, an allen Standorten sollen Gesundheits- und Notfallzentren mit Tag- und Nachtbetrieb eingerichtet und durch den Kanton mitfinanziert werden, in Flawil entsteht durch die Solviva AG (aktuell Viva Group AG) ein breit gefächertes Therapie- und Pflegezentrum.
Folgen sind sichtbar
Heute sind die Folgen der Spitalschliessungen sichtbar und gravierend: Die Notfallstationen in den Spitälern Wil und St.Gallen überlaufen, Stationen müssen wegen Personalmangels geschlossen werden, die Mitarbeitenden der geschlossenen Spitäler, insbesondere der Pflege, verliessen ihr Tätigkeitsfeld und nur ein kleinerer Teil wechselte an die verbleibenden kantonalen Spitäler. Die übriggebliebenen Spitäler müssen immer wieder mit hohen Millionenbeträgen gestützt werden. Kurz: Die Spitalstrategie ist kläglich gescheitert, weil sie der Bevölkerung vor allem Mehrkosten und keinen Mehrwert bringt.
Spital Flawil für 1,6 Mio. Franken verkauft
Der Kanton St.Gallen verkaufte das Spital Flawil für 1.6 Mio. Franken, was etwa dem Wert des Bodens entspricht, an die Solviva AG, die einen Neubau plante. Dies obwohl das Spital Flawil baulich auf dem aktuellen Stand war und ist. Die Gemeinde Flawil unterstützte diese Lösung im Hinblick auf das geplante Therapie- und Pflegezentrum sowie die im Gesetz über die Spitalverbunde vorgesehene und zugesicherte Mitfinanzierung eines Gesundheits- und Notfallzentrums.
In Luft aufgelöst
Unterdessen haben sich diese Aussichten in Luft aufgelöst: Von einem Notfallzentrum mit einem Tag- und Nachtbetrieb will der Kanton nichts mehr wissen und die Solviva AG verzichtet auf den Neubau eines Therapie- und Pflegezentrums. Geprüft wird jetzt noch eine Nutzung des bestehenden Spitalgebäudes. Ob aber die bisherigen Partner wie Schweizer Paraplegiker-Zentrum, das Kantonsspital, das Zentrum für Labormedizin oder die Psychiatrie St.Gallen weiterhin mitmachen ist offen. Begründet wird der Verzicht auf einen Neubau mit der aktuellen Situation auf dem Hypotheken- und Finanzmarkt. Dies ist schwer nachvollziehbar, weil die möglichen Mehrkosten auch von den erwähnten Partnern mitgetragen worden wären.
Fragen bleiben offen
Auch die wohl wichtigsten Fragen bleiben noch offen: 1. Ist die Solviva überhaupt noch daran interessiert oder finanziell in der Lage, am Standort Flawil ein stationäres Angebot ihrer Kernkompetenz «Spezialpflege» aufzubauen und 2. wurde der Kanton St.Gallen getäuscht, für «nur» 1.6 Mio. Franken intakte Gebäulichkeiten inkl. Boden an verkehrstechnisch guter Lage zu verkaufen, obwohl nie die Absicht bestand, einen Neubau zu erstellen? Fakt ist sicherlich: Die Einsprachen haben einen möglichen Neubau verzögert, aber haben die Verzögerungen die Absichten der Solviva AG bestärkt, sowieso auf einen Neubau zu verzichten.
Betroffen ist der ganze Kanton
Betroffen ist neben Flawil auch die Gesundheitsversorgung im Kanton St.Gallen. Insbesondere tangiert dies in dieser, wie auch in anderen Regionen des Kantons das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Versprechen der Politik.
Wir danken der Regierung für die Beantwortung folgender Fragen.
- Zu welchem Zeitpunkt wurde die Regierung über den Entscheid der Solviva AG (Viva Group AG) informiert, auf einen Neubau in Flawil zu verzichten? Bestehen Gesprächskanäle zwischen den Verantwortlichen der Solviva und dem Gesundheitsdepartement, in denen über die weitere Vorgehensweise ausgetauscht wird? Fühlt sich die Regierung getäuscht, nachdem die Solivia AG auf den Neubau verzichtet und die intakte Infrastruktur weiter nutzen möchte?
- Der Kaufpreis für das Spital Flawil betrug 1.6 Mio. und berücksichtigte den Bodenwert ohne den Restwert der Gebäulichkeiten:
a) Gibt es vertragliche Vereinbarungen, wie die Weiternutzung der nun bestehenden Gebäulichkeiten geregelt wird?
bGibt es eine Heimfallregelung, sofern am Standort Flawil keine Gesundheitsangebote entstehen? - Wie wird mit dem Verzicht der Solviva AG auf einen Neubau das Versprechen eines Gesundheits- und Notfallzentrums gemäss den gesetzlichen Grundlagen am Standort Flawil erfüllt?
- Wie stellt die Regierung das angeschlagene Vertrauen der Bevölkerung in die regionale Gesundheitsversorgung wieder her?
- Da auch andere Regionen von der steigenden Unsicherheit betroffen sind: Was passiert beispielsweise, wenn der Kanton Graubünden nicht mehr gewillt wäre, das finanzielle Risiko der Gesundheitsversorgung im Sarganserland zu tragen?»