WAS VERSTEHT MAN UNTER PROBLEMATISCHEM SPIEL ?
Die Glücksspielstörung wird von der Weltgesundheitsorganisation (ICD-11, 2019) und der American Psychological Association (DSM-5, 2013) anerkannt. Diese Störung kann als dauerhafter/langfristiger Verlust der Kontrolle über die Nutzung von Glücks- und Geldspielen definiert werden, der die Person daran hindert, funktionsfähig in Bezug auf ihre Lebensplanung und ihre sozialen Beziehungen zu sein. Sie geht einher mit Leidensdruck und einer veränderten Beziehung zur Welt (Notari et al., 2022).
Diese Störung wird in der Literatur mit verschiedenen Begriffen bezeichnet, die oft vom verwendeten Diagnoseinstrument abhängen. Der Begriff «Störung» ist heute der Referenzbegriff, aber der Begriff «problematisch» wird oft als Alternative verwendet (siehe z.B. das für diese Studie verwendete Instrument). Der Begriff «pathologisch» wurde nach und nach aufgegeben. Wenn Spieler/innen Schwierigkeiten aufweisen, aber nicht alle klinischen Kriterien einer Glücksspielstörung erfüllen, wird er oder sie als «Risikospieler/in» bezeichnet.
Im Rahmen der eGames-Studie wurde das Messinstrument Problem Gambling Severity Index (PGSI) eingesetzt (Ferris & Wynne, 2001). Es ermöglicht die Einstufung von Spielenden auf einer Risikoskala in verschiedene Stadien (unproblematisch, geringes Risiko, mässiges Risiko, problematisch).
WELCHEN BEITRAG LEISTET DIE FORSCHUNG?
Die von Sucht Schweiz und GREA in den Jahren 2021 und 2022 durchgeführte Studie zeigt einen signifikanten Anstieg des Anteils der Online-Glücks- und Geldspieler/innen, die an einer Glücksspielstörung leiden. Zwischen 2018 und 2021 hat sich die Prävalenz des problematischen Spielverhaltens in der Stichprobe von 2.3% auf 5.2% mehr als verdoppelt.
Die Prävalenz des Glücksspielverhaltens mit mässigem Risikoprofil ist mit 2.1% im Jahr 2018 und 1.4% im Jahr 2021 stabil geblieben. Insgesamt ist der Anteil der Spieler/innen mit mässigem oder problematischem Risikoprofil somit von 4.4% im Jahr 2018 auf 6.6% im Jahr 2021 angestiegen.
Glücksspiel mit mässigem oder problematischem Risikoprofil betrifft einen nicht unerheblichen Teil der Spieler/innen, insbesondere junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren. Laut den Daten der Studie wiesen 18.8% der Spieler/innen der Stichprobe in dieser Altersgruppe ein mässiges oder problematisches Risikoprofil auf. Auch bei den 30- bis 39-Jährigen ist dieser Anteil mit 9.8% relativ hoch. In diesen beiden Altersgruppen ist zwischen den Studien im Jahr 2018 und 2021 ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.
Was die geschlechtsspezifischen Unterschiede betrifft, so liegt die Prävalenz bei den Männern bei 7.1% und bei den Frauen bei 5.6%. Bei den Männern wurde zwischen 2018 und 2021 ein signifikanter Anstieg beobachtet.
Risikokategorie der Spieler/innen gemäß PGSI, nach Geschlecht und Alter (ohne Finanzmarktwetten)
Der Anteil der Spieler/innen mit einem mässigen oder problematischen Risikoprofil ist je nach Spielkategorie sehr unterschiedlich. In der Stichprobe 2021 wurden 32.4 % der Spieler/innen von Online-Poker, 27.5 % der Spieler/innen von Geldspielautomaten und 27.1 % der Spieler/innen von Finanzmarktwetten mit mässigem oder problematischem Risikoprofil eingestuft.
Ein deutlicher Anstieg dieser Anteile im Vergleich zu 2018 ist insbesondere bei den Spielenden von Online-Poker und Finanzmarktwetten zu beobachten.
Verteilung der Risikoprofile gemäß PGSI nach Spielkategorie (2018 und 2021)
Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass Spieler/innen mit mässigem oder problematischem Risikoprofil a) häufig an mehreren Spielarten teilnehmen, b) mehrheitlich auch Lotterie- und/oder Rubbelspiele online spielen und c) häufig in konventionellen («landbasierten») Spielbanken spielen. Darüber hinaus spielen sie eher online, sowohl auf schweizerischen als auch auf ausländischen Webseiten, und nutzen häufiger mobile Geräte wie Mobiltelefone.
WAS SIND DIE AKTUELLEN HERAUSFORDERUNGEN?
Die eGames-Studie zeigt, dass die Prävalenz des problematischen Glücksspiels in den beiden Stichproben der Online-
Spieler/innen von 2018 und 2021 höher ist als in der Gesamtbevölkerung der Spieler/innen (Vergleich mit Dey und Haug, 2019). Darüber hinaus haben wir eine Verschlechterung der Situation in einer Zeit grosser Veränderungen und wichtiger Ereignisse beobachtet.
Die Entwicklung des Anteils der Spieler/innen mit mässigem oder problematischem Risikoverhalten in der Stichprobe der Online-Spieler/innen ist besorgniserregend, und es ist nicht auszuschliessen, dass sich dieser Anstieg im Laufe der Zeit fortsetzt, bis er das in den Nachbarländern beobachtete Niveau erreicht oder übersteigt (13.0% der Online-Spieler/innen in Frankreich, 17.6% in Italien und 21.3% in Deutschland).
Die Daten der eGames-Studie zeigen auch, dass das Problem nicht isoliert angegangen werden kann, sondern dass alle Akteure ihre Kräfte bündeln und die notwendigen Informationen austauschen müssen, um die Bevölkerung angemessen schützen zu können. Eine Verstärkung der Früherkennungspraktiken - die von einigen der im qualitativen Teil der Studie befragten problematischen Spieler/innen als deutlich lückenhaft beschrieben wurden - und der Betreuung problematischer Spieler/innen sowie eine Verstärkung der Online-Prävention sind ebenfalls notwendig, um eine weitere Verschlechterung der Situation zu verhindern.