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25.01.2022

Seine letzte Taxifahrt angetreten

Im Jahr 2004 machte sich Vladimir Baljak als Taxifahrer selbständig. Auf den Namen «Hallo Taxi» kam er in Florida, wo die Fahrgäste vom Strassenrand aus den Taxis zurufen. 18 Jahre lang war er in dem Taxi mit dem gelben Smiley in Schaffhausen unterwegs.
Im Jahr 2004 machte sich Vladimir Baljak als Taxifahrer selbständig. Auf den Namen «Hallo Taxi» kam er in Florida, wo die Fahrgäste vom Strassenrand aus den Taxis zurufen. 18 Jahre lang war er in dem Taxi mit dem gelben Smiley in Schaffhausen unterwegs. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24
In seinen 18 Jahren als Taxifahrer erlebte Vladimir Baljak viele lustige und kuriose Fahrten. Bis hin zu einem Fahrgast, der nicht mehr wusste, wo er wohnte.

Unverkennbar war sein Taxi – der Wagen mit gelbem Smiley, daneben die Aufschrift «Hallo Taxi». 18 Jahre lang arbeitete Vladimir Baljak als Taxifahrer in Schaffhausen. Am 31. Dezember 2021 fuhr er das letzte Mal. «In diesen vielen Jahren war ich nicht nur Fahrer, sondern auch Berater, Freund und Einkaufshilfe», so der frisch Pensionierte. Viele kennen Vladimir Baljak wohl auch noch als den Taxifahrer, der seinen Fahrgästen Sugus verteilte.

Weniger Preiskämpfe 2004

Der gebürtige Kroate Vladimir Baljak ist gelernter Fräser, nach Schaffhausen kam er bereits in jungen Jahren und fand eine Anstellung bei der Georg Fischer AG (GF). Eingestiegen ist er in der Schleiferei, schon bald darauf wurde er zum Springer in der Werkstatt. «Ich arbeitete da, wo es mich brauchte», so Vladimir Baljak, der 33 Jahre lang bei GF blieb. 

Schon länger hatte er damals darüber nachgedacht, sich selbständig zu machen, und absolvierte nebenberuflich die Taxi-Prüfung. Im Jahr 2004 bekam er dann seinen ersten Stellplatz am Bahnhof. «Von da an gestaltete ich meine Arbeitstage selbst», so der Schaffhauser. Rückblickend auf die Anfänge als Taxifahrer stellt Vladimir Baljak viele Veränderungen fest. «Es gab viel weniger Taxiunternehmen, mehr Fahrgäste und weniger Preiskämpfe.» Gerade die letzten Jahre, in denen die Taxis zuerst hinter den Bahnhof zum Landhaus zügeln mussten und nun nochmals einen neuen Standort oberhalb vom Raponi erhielten, machten den Fahrern zu schaffen. «Fünf Halteplätze für rund 17 Taxiunternehmen sind einfach zu wenig», so Vladimir Baljak. Anders als in den meisten Städten sei es zudem in Schaffhausen nicht üblich, in das vorderste Taxi zu steigen. «Das macht man überall, nur nicht in Schaffhausen.»

18 Jahre lang war der seit Anfang Jahr pensionierte Taxifahrer Vladimir Baljak mit dem unverkennbaren Wagen mit dem gelben Smiley in Schaffhausen unterwegs. Bild: zVg.

Eisenlieferung nach Bergamo

Rund 650 000 Kilometer zeigt der Tacho von Vladimir Baljaks Wagen an, fünf Autos ist er in dieser Zeit gefahren. Welches die weiteste Taxifahrt gewesen sei? «Einmal musste ich nach Ljubljana fahren, ein anderes Mal nach Bergamo – zweiteres nur für ein kleines Stück Eisen zur dortigen Produktion.» Noch lustiger sei jedoch gewesen, als er vier Kollegen nach München ans Oktoberfest fuhr. «Da es stark regnete, entschied ich im Taxi zu warten und ein wenig zu schlafen.» 15 Minuten später seien die Fahrgäste jedoch schon wieder dagestanden: sie hatten keinen Sitzplatz im Zelt reserviert, waren völlig durchnässt und wollten wieder zurück nach Schaffhausen. 

An Anekdoten mangelt es dem pensionierten Taxifahrer sowieso nicht. «Einmal stieg am Bahnhof eine Frau ein, die zum Kantonsspital wollte.» Als sie dort gewesen seien, habe die Frau hingegen behauptet, sie wohne doch nicht dort, und so ging die Fahrt weiter: die ältere Dame lenkte den Taxifahrer quer durchs Stadtgebiet. Irgendwann merkte er, dass sie wohl nicht mehr wusste, wo sie wohnte. In ihrer Handtasche fanden sie die Nummer der Tochter, welche erklärte, dass die Mutter in einem Altersheim inmitten der Stadt lebe. 

Der singende Taxifahrer

Besonders die Freitag- und Samstagabende brachten jeweils viele Überraschungen mit sich. «Manche ziehen die Schuhe aus und legen sich schlafen, andere haben kein Geld dabei, und nochmals andere vergessen Handy oder Schirm im Taxi.» Einmal sei sogar eine Louis Vuitton Tasche liegen geblieben. 

Mit Beginn der Coronapandemie kamen jedoch immer mehr Tage mit wenig Fahrgästen und langen Wartezeiten dazu. «40 Franken in sechs Stunden, das lohnt sich einfach nicht», so Vladimir Baljak. Zu seinen Anfängen 2004 habe er von dem Monatseinkommen leben können. Langweilig wurde dem Spätpensionär aber nie. «Während den Wartezeiten in den letzten 18 Jahren habe ich unter anderem viele Bücher gelesen und auch sonst viel gelernt: Ich spiele mittlerweile fünf Instrumente, spreche diverse Fremdsprachen und singe sehr gerne.»

Lara Gansser, Schaffhausen24