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28.12.2021

Opfer-Täter-Konfrontation half einer Zürcher Oberländerin bei der Verarbeitung des Erlebten

Restaurative Justiz will Opfer und Täter zusammenbringen.
Restaurative Justiz will Opfer und Täter zusammenbringen. Bild: pixabay.com
1996 wurde eine Postfiliale im Zürcher Oberland überfallen. Die mit einer Waffe bedrohte Frau leidet bis heute darunter. Eine Begegnung mit dem Täter half ihr bei der Bewältigung.

1996 wurde im Zürcher Oberland eine Post-Filiale überfallen. In der Abenddämmerung stürmten drei Maskierte in die Post und bedrohten drei Angestellte mit Waffen. Die Täter konnten mit dem erbeuteten Bargeld fliehen, wurden aber wenig später gefasst und kamen ins Gefängnis.

Eine der drei Postangestellten, die Frau ist heute 77 Jahre alt, leidet bis heute unter dem Erlebten. Tagsüber ist sie ängstlich, nachts hat sie phasenweise Albträume, wie sie SRF gegenüber erzählte.

Täter in TV-Talkshow wiedererkannt

Jahre nach der Tat hatte die Frau den Haupttäter in einer Talkshow wiedererkannt und beschloss, ihn zu kontaktieren und ihn all das zu fragen, was sie schon so lange wissen wollte. Unter anderem, ob die Waffen geladen waren und ob sie geschossen hätten. Der Täter, der sich geläutert gab, beantwortete alle ihre Fragen und schlug sogar ein Treffen vor, zu dem die Frau nach kurzem Zögern einwilligte. Die Konfrontation mit dem Täter und die Beantwortung der Fragen hätten ihr geholfen, mit dem Ganzen abzuschliessen. Sie sei viel ruhiger geworden.

Restaurative Justiz

Die 77-Jährige ist diesen Weg alleine gegangen, ohne Unterstützung von Dritten. Das will das Forum für restaurative Justiz ändern. Opfer, die in Kontakt mit ihren Tätern kommen möchten, sollen diese Gelegenheit erhalten. Claudia Christen, Präsidentin vom Forum für restaurative Justiz, möchte, dass dieses Verfahren im Gesetz verankert wird. Es solle zu jedem Zeitpunkt möglich sein, ein solches restauratives Verfahren zu beantragen. Ob direkt nach einer Tat, während des Prozesses oder erst im Strafvollzug – unabhängig davon, wie schwer ein Verbrechen gewesen sei. Entscheidend sei nur, ob das Opfer dies wünsche.

Der Europa-Rat empfiehlt seinen Mitgliedstaaten, so auch der Schweiz, solche Verfahren eines Opfer-Täter-Ausgleichs vorzusehen.

Bedenken von Seiten Staatsanwälte

Der Idee kritisch gegenüber stehen Staatsanwält:innen. Wie Beat Oppliger, Präsident der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz, gegenüber SRF sagt, könnten solche Opfer-Täter-Kontakte ein Verfahren verzögern oder verteuern - oder den Interessen des Opfers zuwiderlaufen. Dann beispielsweise, wenn der Täter das Opfer unter Druck setzt, in solch eine Mediation einzuwilligen. Das sei vor allem bei Fällen wie häuslicher Gewalt fatal. Oppliger sehe aber Potential, wenn ein Täter bereits verurteilt wurde und im Gefängnis sitzt. Dann könne ein solches Verfahren auch eine präventive Wirkung haben, damit sich Taten nicht wiederholen.

Zürioberland24/Toggenburg24