Zur gleichen Zeit (1981) gab es in der Schweiz nur vier erlaubte Viehrassen: die Braunen, die Simmentaler, die Freiburger Schwarzflecken und das Eringervieh. Ausserdem war einem Bauern nur die Haltung einer Rasse erlaubt. Wenn in seinem Stall also neben dem Braunvieh noch eine Schwarzfleckkuh stand, wurde er von der Viehzuchtgenossenschaft ausgeschlossen und bekam als Folge davon auch keine Kuhbeiträge mehr. Soviel zum Thema Staatswirtschaft!
In England konnte ich genau das Gegenteil beobachten. Einzelne Landwirte hielten mehrere Rassen und wagten verschiedene Kreuzungen. Oft sah man auf den Weiden Murray Grey Mastrassen-Kühe, die von einem Hereford-Stier «betreut» wurden. Auch zwischen Milchrassen wurde nach Belieben gekreuzt.
Das hatte einen guten Grund. Bei jeder Kreuzung werden die guten Eigenschaften gefördert: Gesundheit, Robustheit, Milchleistung und Wachstum. Dieser Kreuzungseffekt, auch Heterosis genannt, trägt wesentlich dazu bei, die Leistungen der Kühe zu verbessern. Das Gegenteil davon ist Inzucht. Dabei werden die negativen Eigenschaften gefördert, im Extremfall drohen gesundheitliche Schäden. Je weiter die Genetiken der Elterntiere voneinander entfernt sind, desto stärker ist der Heterosiseffekt.
Diese Erkenntnis wird übrigens auch im Pflanzenbau angewendet. Gekreuzte Mais- oder Gemüsesorten werden mit dem Kürzel F1 (=Filialgeneration 1) markiert. Daraus wird ersichtlich, dass dies eine Kreuzung mit 50% des Erbgutes je einer Sorte und 50% der anderen ist. Das garantiert einen einheitlichen Pflanzenbestand, eine gesunde Kultur und meist einen hohen Ertrag. Bei der nächsten Generation ist das Erbgut nicht mehr so genau verteilt und der Bestand deshalb nicht mehr so einheitlich.
Übrigens würden unsere Mais- oder Türggenpflanzen nur halb so hoch und halb so stark, wenn nicht zwischen den Sorten gekreuzt würde. Und zwar sind es meist nicht nur Einwegkreuzungen, sondern oft werden drei oder vier Sorten miteinander gekreuzt, damit eben der Heterosiseffekt wirksam zum Tragen kommt.